Tabernakel
GEDANKEN UBER DIE ENTSTEHUNG DES TABERNAKELS DER KIRCHE »ST. MARIA HIMMELFAHRT« IN BUER
von Dr. Heinz Reineke aus der 40-jährigen Festschrift
Als der langgehegte Wunsch einer »Kirche auf dem Goldberg« endlich Gestalt annahm, machten sich einige unserer künftigen Gemeindemitglieder Gedanken über die Innenausstattung. So auch diejenigen, die über den Tabernakel zu befinden hatten. Noch unter dem Eindruck der Zwangsverpflichtungen im »Dritten Reich« und der Vertreibung aus dem Osten, lenkten sich unsere Gedanken auf die »wandernde Kirche« durch die Zeit. Nach den furchtbaren Ereignissen des Holocaust fühlten sich die Juden in Europa nicht mehr sicher. Unter dem Namen »Exodus« fuhren sie mit dem Schiff von Triest in das heutige Israel.
Durch den Namen »Exodus« wurden wir auf das alte Testament aufmerksam. Wo bewahrten die Stämme Israels nach dem Auszug aus Ägypten ihre Heiligtümer auf? Bei der 4o-jährigen Wanderung durch die Wüste, wo sie ihre völkische Identität fanden, waren sie auf ein Zelt angewiesen. Jetzt war die Idee für »unseren« Tabernakel geboren!
In einer alten Schulbibel der 20er Jahre fand sich ein Bild, das eine Darstellung des Bundeszeltes wiedergab. Das Grundzelt war ein beweglicher Zelttempel - das Zentralheiligtum - bis zum Tempelbau in Jerusalem. Das »Heilige Zelt« war flach und viereckig und wurde durch sechs Leinen am Boden befestigt. Quasten waren als Schmuck an den oberen Enden angebracht. Ähnliche Zelte gibt es auch heute noch im vorderen Orient!
Da wir etwas suchten, was die »wandernde Kirche« ausdrücken und gleichzeitig ein »modernes« Grundzelt sein sollte, wo wir unser höchstes Gut aufbewahren konnten, hier hatten wir das Richtige gefunden. Unser Wollen und unsere Wünsche teilten wir dem Goldschmiedemeister und Künstler Fritz Kuhne mit. Nach einigen Besprechungen technischer und finanzieller Art entstand das jetzige Kunstwerk.
Wie schon erwähnt, stellt der Tabernakel das »Heilige Zelt« - auch Bundeszelt genannt - dar. Dieses heilige Zelt war am Berge Sinai gefertigt, zur Aufnahme der Tafeln der Zehn Gebote und der Bundeslade. So sollte auch unser Tabernakel das uns Heiligste beherbergen. Gleichzeitig ist der Tabernakel ein Zeichen des »Neuen Bundes« Gottes mit uns Menschen.
Das Tabernaculum wird von sechs silbernen Säulen gehalten, die sich nach oben verjüngen. Es steht damit »auf festem Grund«. Um die Heiligkeit des Ortes zu betonen, sind sechs Engelfiguren auf der Vorderseite und den beiden Seiten angebracht. Sie sind aus Silber gefertigt und kommen auf dem Messinguntergrund gut zur Geltung.
Hierbei handelt es sich um die Darstellung der vier Erzengel Michael, Gabriel, Raphael und Uriel. Die Überlieferung berichtet von neun Engelchören - die 4 Erzengel sind dargestellt - stehen die beiden anderen Engeldarstellungen stellvertretend für die anderen acht Chöre als Cherubin und Seraphin. Unterlegt wurde als Gedanke die 2. Strophe des Liedes: »Kommt her ihr Kreaturen all...«, wo es heißt: »... Erzengel, Engel ohne Zahl, lobsinget ohne End, dem höchsten Sakrament!« Auf den sechs silbernen Säulen sind Bergkristalle angebracht. Sie sind ein Schmuck des Tabernakels. Diesem Schmuck liegt gleichzeitig der Gedanke zugrunde, Geist, Seele und Glaube darzustellen. In einem Osterlied heißt es auch »...der Leib ist klar, gleichwie Kristall«.
Auch das erste Kreuz in unserer Kirche war von dem Künstler Fritz Kuhne geschaffen worden. An Stelle eines Korpus war in der Mitte ein Bergkristall - das Symbol des Auferstandenen.
So sollen die Bergkristalle auf dem Tabernakel ein Symbol der glaubenden, hoffenden und liebenden Christen - eben der Gemeinde - sein. Sie sind zur Anbetung des höchsten Gutes aufgerufen. Anfangs stand der Tabernakel auf dem Altar an der Ostwand der Kirche. Nach der Liturgiereform erhielt er seinen heutigen Platz. Die dunklen Marmorsäulen sind Stücke der ehemaligen Kommunionbank, die auch für die einzelne Säule für den Ambo weiterverwendet wurde.